Kategorie: Vertreibung Friedrich Wilhelm

„Empfang der Salzburger Emigranten vor König Friedrich Wilhelm I. von Preußen“

1911 wurde der Salzburger Verein e.V. als Vereinigung der Nachkommen salzburgischer Emigranten in Gumbinnen / Ostpreußen gegründet. 1912 war die Gestaltung des Fresko an Prof. Otto Heichert, von der Kunstakademie in Königsberg, durch die Gumbinner Verwaltung in Auftrag gegeben worden, zum 10-jährigen Jubiläum des Neubaus des Gymnasiums Friedrichschule und zum 180. Jahrestag der Einwanderung der Salzburger nach Ostpreußen.
 

Dem Künstler Otto Heichert wurde die Aufgabe gestellt, die Begegnung der Salzburger mit ihrem neuen König zu zeigen. Heigert bemalte die gesamte Giebelwand der Aula, 16 m lang und 8 m hoch.
 
Das Bild zeigt den König mit einer kleinen Gefolgschaft. Der Treck mit den Vertriebenen steht erwartungsvoll vor ihm. Unter dem Fresko steht der Begrüßungssatz, der dem König zugeschrieben wird: „Mir neue Söhne, euch ein mildes Vaterland“.
 
In der Sowjetzeit wurde das Fresko in der ehemaligen Friedrichschule der heutigen Stadt Gusev grau übermalt und mit Lenin-Kopf und Sowjetfahne ausgestattet. Im Jahre 2009 wurde die Übermalung abgetragen und das darunter noch erhaltene Heigert-Fresko restauriert. Heute zählt das Fresko zu den Gusever Zeugnissen der Beiträge der Salzburger zur Entwicklung des nordöstlichen Ostpreußen und insbesondere der Stadt Gumbinnen.

Friedrich Wilhelm I

König in Preußen, Kurfürst von Brandenburg, geboren im August 1688 als zweiter Sohn des ersten Königs von Preußen, Friedrich I, bestieg den Thron im Jahre 1713 im Alter von 25 Jahren. Er schaffte die kostspielige Hofführung seines Vaters ab und formte Preußen zu einem sparsam wirtschaftenden und besser verwalteten Staatswesen um. Dabei galt seine besondere Vorliebe dem Militär.

Seit Ende des 30-jährigen Krieges, der das Kurfürstentum Brandenburg verheerend heimsuchte und durch den es nahezu die Hälfte seiner Bevölkerung verlor, setzte unter dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm ab 1650 eine bewusst betriebene Bevölkerungspolitik ein. Neben vielen Zuwanderern aus deutschen Regionen spielten in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zunächst Niederländer und französische Hugenotten zahlenmäßig eine Hauptrolle. Den Zuwanderern wurden weitgehende Privilegien zugestanden. Das wirtschaftliche Interesse Brandenburg-Preußens stand dabei förderlicher Übereinstimmung mit den gemeinsamen protestantischen Bekenntnissen.

Als der „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I die Einladung an die evangelisch-lutherischen Salzburger aussprach, handelte er damit in der Tradition der Landesentwicklungspolitik seiner Vorgänger.

In dem Einladungspatent von Februar 1732 heißt es:

„Wir König Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König in Preußen etc., tun kund und fügen hiermit zu wissen, daß wir aus Christ-Königlichem Erbarmen und herzlichem Mitleiden gegen Unsere in dem Ertz-Bischoftum Salzburg auf das heftigste bedrängte und verfolgte Evangelische Glaubens-Verwandte,… Die hilfreiche und mildreiche Hand zu bieten und zu solchem Ende dieselbe in Unsere Lande aufzunehmen, und in gewissen Ämtern Unseres Königreiches Preußen unterzubringen und zu versorgen Uns resolvieret haben … und ihnen auch bei ihrer Etablierung in Preußen alle diejenigen Freiheiten, Privilegien, Rechte und Gerechtigkeiten, welche andere Kolonisten daselbst kompetieren und zustehen, ebenfalls zugutekommen sollen.“

In Preußen hatte man anfangs mit höchstens 4.000 bis 6.000 Einwanderern aus Salzburg gerechnet. Bald war klar, dass es vielmehr würden. Daraufhin Friedrich Wilhelm I: „Sehr gut. Gott Lob! Was tut Gott dem Brandenburgischen Haus für Gnade! Denn dieses gewiß von Gott herkommt … und wenn es auch gleich zehntausend wären!“ Es wurden schließlich fast 20.000.

Friedrich Wilhelm I 1733
HIS384437 Portrait of Frederick William I, King in Prussia, c.1733 by Pesne, Antoine (1683-1747); 146×112 cm; Deutsches Historisches Museum, Berlin, Germany; (add.info.: Friedrich Wilhelm I (1688-1740);); © DHM; French, out of copyright Atelier/Werkstatt von Antoine Pesne – 1. Ursprung unbekannt 2. Bridgeman Art Library: Objekt 384437

Marschrouten der Salzburger Emigranten 1731/32

Die gesamte Menschheitsgeschichte ist von Flüchtlingsströmen durchzogen. Die Vertreibung der Salzburger Lutheraner zu Beginn der 1730er Jahre löste die wohl größte Flüchtlingswelle des 18. Jahrhunderts aus.

Der Salzburger Verein e.V. feierte im Jahr 2011 sein 100-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass konnte er die „Chronik der Marschzüge Salzburger Emigranten 1731 bis 1741“ herausgeben, die von Norbert Stein (Berlin) in 20-jähriger verdienstvoller Arbeit zusammengestellt worden ist.

Sie setzt uns in den Stand, der Geschichte der Salzburger Emigration im wahrsten Sinne des Wortes „nachzugehen“, die Beschwernisse des Wanderns auf fremden Straßen, aber auch die Dankbarkeit für freundliche Begegnungen und großzügige Hilfen zu verstehen, die nicht nur bei den Evangelischen zutage traten, sondern durchaus auch bei Katholiken und Juden.

Der „Triumphzug des Protestantismus“ war eine logistische preußische Meisterleistung, die Vollendung in einer erfolgreichen Landesentwicklung in Ostpreußen fand.
Nachdem im Winter 1731 und im Frühjahr 1732 schon Züge von Unangesessenen ohne vorausschauende Routenplanung ausgezogen waren, unterzeichnete Friedrich Wilhelm I. von Preußen am 2. Februar 1732 das Einladungspatent für die Salzburger.

Vom April 1732 an verlässt ein Wanderzug nach dem anderen das Erzstift. Im Spätsommer 1732 hatten über 20.000 Menschen das Salzburger Land verlassen. Die Marschzüge wurden von preußischen Kommissaren organisiert und führten die Emigranten auf verschiedenen Wegen durch das südliche und mittlere Deutschland zunächst meist nach Berlin. Von dort ging es entweder weiter zum Schiffstransport ab Stettin über die Ostsee oder mit Pferd und Wagen nach Königsberg und weiter in das nordöstliche Ostpreußen.

König Friedrich Wilhelm I.

lädt die Salzburger Emigranten nach Preußen ein

Die Emigration von mehr als 20.000 Protestanten aus dem Land Salzburg in den Jahren 1731/32 hat nicht nur in zahlreichen zeitgenössischen Schriften und Büchern ihren Niederschlag gefunden, sondern auch auf Bilderbögen, Bilderserien, Gedenkblättern, Faltbriefen, Schraubmedaillen und ihren Bilderzyklen, Porträtstichen, Landkarten, Andachts- und Aquarellbildern.

Durch seine Vielseitigkeit gibt uns dieses Bildgut einen lebendigen Einblick in das Emigrationsgeschehen. Zugleich erfahren wir etwas über das Empfinden und Denken der Menschen jener Zeit.

Die Herstellung dieser Graphiken verfolgte nicht nur das Ziel, von protestantischer Seite die Martyriumfreudigkeit und den richtigen Weg der vertriebenen Salzburger zum Glauben zu zeigen. Auch wurde so an das Mitgefühl und die Hilfsbereitschaft für die wandernden Menschen appelliert. Vor allem aber versprachen sich die Herausgeber auch einen guten Absatz durch die Darstellungen dieses „Triumphzugs des Protestantismus“.

Die Darstellung zeigt Friedrich Wilhelm I. als gütigen Landesherrn, der den untertänig einziehenden Salzburgern die hilfreiche Hand reicht.

Die Bildunterschrift lautet:
„Muß ich gleich Haus und Hof, Freund, Eltern, Kinder lassen, So will mich doch der Herr in seine Arme fassen, Er hält mich väterlich bei seiner rechten Hand, Und führt mich wohlvergnügt in Friedrich Wilhelms Land.“

Im Hintergrund wandernde Salzburger und Ansichten der Städte Salzburg und Königsberg.